Internet 06.07.2009 (Archiv)
Millionenraub im Onlinespiel
Ein 27-jähriger Australier bezahlt mit virtueller Beute reale Rechnungen. Die '200 Mrd. Credits' entsprechen jedoch 'nur' rund 3600 Euro.Virtuelle Onlinewelten a la Second
Life haben sich inzwischen zu beliebten Handels- und
Wirtschaftsstandorten entwickelt, auf denen Unternehmen und Nutzer
mitunter auch recht gut reales Geld verdienen können. Dass diese
Entwicklung aber nicht nur Vorteile mit sich bringt, zeigt das Beispiel
des Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPG) EVE Online
der isländischen Entwickler von CCP Games. Das
Spiel, dessen Fokus auf Handels- und Kampfaktivitäten im Weltraum liegt,
hat seit kurzem mit einer ernsthaften Art virtueller Kreditkrise zu
kämpfen.
Auslöser hierfür ist der Diebstahl einer Milliardensumme von
einem der größten Finanzinstitute der Onlinewelt, durch den mit einem
Schlag acht Prozent des virtuellen Geldspeichers der Bank vernichtet
worden sind. Als sich die Nachricht des Milliardencoups im
EVE-Online-Universum verbreitete, zogen viele Kunden der betroffenen
Bank ihre Einlagen ab und brachten das Geldinstitut damit nahe an den
Ruin.
Wie die BBC berichtet, konnte ein 27-jähriger Australier, der im Spiel
unter dem Namen 'Ricdic' auftritt, als Übeltäter ausgeforscht werden.
Der dreiste Online-Dieb soll rund 200 Mrd. Kredits in der virtuellen
In-Game-Währung ISK erbeutet und anschließend in reales Geld (rund 3.608
Euro) gewechselt haben. 'Dieser Spieler war im Grunde einer derjenigen
Charaktere, die die bestohlene EBank eine Zeit lang als Geschäftsführer
betreut haben', wird ein Mitarbeiter der isländischen Entwickler von CCP
Games zitiert.
Die wahre Identität von 'Ricdic' ist bislang allerdings
noch nicht preisgegeben worden. Von Seiten der verantwortlichen
Betreibergesellschaft ließ man lediglich wissen, dass es sich dabei um
einen Angestellten im IT-Bereich handle, der das gestohlene Geld unter
anderem dazu verwendet haben soll, um eine Anzahlung auf ein Haus
leisten und verschiedene Arztrechnungen zahlen zu können.
'In einigen virtuellen Onlinewelten ist es heute schon leicht möglich
echtes Geld zu verdienen. Dabei wird usergenerierter Content innerhalb
der Plattform an andere User gegen virtuelles Geld verkauft. Diese nun
erworbenen virtuellen Credits können anschließend beispielsweise von
anderen Usern gegen echtes Geld zu günstigeren Kursen erworben werden',
erläutert Ingo Frick, Mitgründer und Geschäftsführer beim
3D-Chatworld-Messenger Club Cooee. Abhängig vom Umfang dieser Dienstleistungen würden so
teilweise sehr beachtliche Einkommen entstehen. 'Beim Wechseln von
Spielgeld in echtes Geld besteht aber eine große Missbrauchsgefahr, wenn
keine geeigneten Kontrollmechanismen implementiert sind. Für den
Betreiber einer derartigen Online-Welt ist es deshalb besonders wichtig,
für entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu sorgen', stellt Frick klar.
In der Onlinewelt des Club Cooee gebe es keinerlei Möglichkeit, eine
derartige Transaktion durchzuführen.
Besonders interessant an dem aktuellen Fall von Online-Kriminalität ist
der Umstand, dass 'Ricdic' offenbar keinerlei rechtliche Konsequenzen zu
befürchten hat. Der Spieler, der immerhin eine Milliardensumme der
virtuellen Währung gestohlen hat, wurde lediglich aufgrund des Verstoßes
gegen die Nutzungsbedingungen von EVE Online aus dem MMORPG
ausgeschlossen. Auch dies war nur deshalb möglich, da er durch den
Umtausch der virtuellen ISK-Währung in reales Geld ausdrücklich die AGB
des Anbieters verletzt hat. Hätte er seine erzielte Beute statt in eine
echte Währung wieder innerhalb der Grenzen der Onlinewelt investiert,
wäre er sogar gänzlich unbescholten davongekommen.
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