Suchmaschinen 20.11.2008 (Archiv)
Zoetrope sucht in der Zeit
Forscher an der University of Washington arbeiten an einer Anwendung namens 'Zoetrope', die neue Möglichkeiten bei der Web-Suche verspricht. Ältere Internetinhalte sollen ans Tageslicht befördert werden.Das Werkzeug ist dazu gedacht, nicht einfach aktuelle Inhalte im Web zu
finden, sondern in der Vergangenheit dynamisch veränderlicher Webseiten
nach Daten zu forschen. 'Zoetrope lässt User dabei Informationen
tatsächlich im Kontext einer Webseite suchen', betont
UW-Computerwissenschaftler Eytan Adar gegenüber pressetext. Die
Entwicklung setzt dazu auf regelmäßige Schnappschüsse von Webseiten als
Datenquelle. Sie soll sich aber deutlich von bisherigen Angeboten zur
Nachforschung im historischen Web wie der Wayback Machine
des Internet Archive abheben.
Im modernen Web sehen User nur den aktuellen Ist-Zustand von Webseiten,
in dem mit verschiedensten Werkzeugen Daten gesucht, manipuliert und
visualisiert werden können. 'Da ist es schon irgendwie überraschend,
dass es keine vergleichbaren Möglichkeiten für das vergängliche Web
gibt', meint Dan Weld, Professor für Computerwissenschaften an der UW.
Das wollen die Forscher mit Zoetrope ändern und dabei auch deutlich über
einfache Stichwortsuchen hinaus gehen. 'Bei Zoetrope kann der User Lupen
auf Bereiche der Webseite zeichnen, um dadurch Fragen zu historischen
Inhalten zu stellen', erklärt Adar. Wer sich etwa für
Verkehrsentwicklung interessiert, könne leicht alte Versionen einer
entsprechenden Website ansehen und die Daten auch visualisieren. Auch
ein Quervergleich verschiedener Webseiten ist mit Zoetrope möglich,
beispielsweise von Öl- und Benzinpreisen mit entsprechenden
Nachrichtenmeldungen.
Die Forscher hoffen, Zoetrope bereits im kommenden Sommer frei verfügbar
machen zu können. Die historische Web-Suche soll möglichst als
Browser-Plug-in oder Software-as-a-Service angeboten werden. 'Das ideale
Anwendungsszenario wäre, dass User ganz normal im Web surfen und bei
Bedarf Fragen zu historischen Informationen stellen können, ohne den
Browser zu verlassen', erklärt Adar auf Nachfrage von pressetext.
Vorstellbar ist den Forschern zufolge beispielsweise ein Schieberegler,
mit dem Nutzer einfach immer weiter in die Vergangenheit einer Webseite
spähen können. Derzeit speichert Zoetrope stündlich Schnappschüsse von
rund 1.000 verschiedenen Webseiten. Adar will eruieren, wie das Programm
auf das gesamte Web ausgeweitet werden kann und arbeitet auch daran
festzustellen, wie regelmäßig verschiedene Seiten gespeichert werden
müssen. Langfristig könnte Zoetrope das aufgrund der
Aktualisierungsfrequenz von Webseiten automatisch bestimmen.
Eine Einschränkung von Zoetrope ist, dass erst seit rund vier Monaten
Daten gesammelt werden. 'Wir würden sehr gerne Zoetrope mit den Daten
der Wayback Machine integrieren', meint Adar daher zu pressetext. Es
müssten aber wohl diverse Copyright-Fragen geklärt werden, um diesen
Datenschatz nutzen zu können. Das Internet Archive sammelt bereits seit
1996 historische Webdaten und hat Schnappschüsse von 85 Mrd. Webseiten,
die im heutigen Web teils gar nicht mehr existieren. Ein wirklich
effizientes Werkzeug zum Durchforsten und Auswerten dieser Datensammlung
ist die Wayback Machine allerdings nicht, da sie lediglich den Aufruf
einzelner Schnappschüsse einer bekannten URL erlaubt.
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